Was angebracht ist

RNZ vom 03.06.2025

Soroptimist-Club Mosbach bringt im Landratsamt die fünfte Menschenrechtstafel an –
Eine Stimme für die Frauen

Von Ursula Brinkmann
Mosbach. Es ist nur eine Tafel, rahmenlos, aus Plexiglas, vier Halterungen aus Edelstahl. Doch die Worte, die sie transportiert, sind von Bedeutung. Es sind die ersten drei Artikel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland: „Die Würde des Menschen ist unantastbar…“ steht in Versalien in der obersten Zeile unter „Artikel 1“. Unten rechts steht deutlich kleiner: „Soroptimist International (SI) Club Mosbach 2025“. Fünf Schwestern dieses weltweiten Netzwerks von und für berufstätige Frauen kamen im Wartebereich des Landratsamtes zusammen, um mit einem kleinen Empfang auf die fünfte „Menschenrechtstafel“ im Mosbacher Raum aufmerksam zu machen.
Die Gleichstellungsbeauftragte Annette Vogel-Hrustic und Landrat Dr. Achim Brötel unterstützen die in der Metropolregion Rhein-Neckar gestartete Initiative der hier heimischen SI-Clubs. Hausherr Brötel findet, dass die Tafel an dieser Stelle besonders gut angebracht ist, falle der Blick der hier Wartenden doch zwangsläufig irgendwann auf die Worte, die – auch das skizzierte der gelernte Jurist aus den Kindertagen der Bundesrepublik – „61 Väter und leider nur vier Mütter 1948 an den Anfang des Grundgesetzes schrieben“.
1948 wurden von den Vereinten Nationen die Menschenrechte feierlich verkündet. Es war der 10. Dezember 1948, der auch der Gedenktag der Soroptimisten ist und in der Metropolregion Rhein-Neckar 2011 den Anstoß gab, mit Menschenrechtstafeln daran zu erinnern. Fast 80 sind mittlerweile angebracht worden – vor allem in Schulen, aber auch Rathäusern, Instituten, Volkshochschulen. Als Landratsamt ist Mosbach der erste Standort für eine solche Tafel.
Edith Eiermann findet, dass man heute mehr denn je die Menschenrechte in den Mittelpunkt rücken müsse. Als Delegierte der Mosbacher Schwestern in der Metropolregion (Soroptimist bedeutet so viel wie „beste Schwestern“) hatte sie zur Tafelübergabe ihre Mitschwestern Brigitte Bohrmann, Angelika Bronner-Blatz, Dagmar Haas und Martina Zundel mitgebracht, um „sichtbar zu machen und dazu zu ermutigen, jederzeit dafür einzutreten, dass wir alle gut zusammen leben können“.
Wie wenig selbstverständlich das in vielen Regionen der Welt ist, wurde deutlich mit der Teilnahme von Atefa Zafari bei der Tafelübergabe. Die Staatsanwältin für Menschenrechte arbeitete bis zur Machtergreifung durch die Taliban bei der Generalstaatsanwaltschaft in Kabul/Afghanistan. „Mit der Rückkehr der Taliban wurden Frauen erneut in den Schatten gedrängt.“ Vor zwei Jahren kamen sie und ihre Familie nach Deutschland. Im Landratsamt absolviert sie derzeit ein Praktikum bei der Gleichstellungsbeauftragten. Von der Wichtigkeit der Worte auf der Tafel ist Atefa Zafari zutiefst überzeugt: „So lange die Stimmen afghanischer Frauen, selbst im Exil, gehört werden, so lange wir schreiben, schreien und daran erinnern, dass Freiheit kein Geschenk, sondern ein Recht jedes Menschen ist, gibt es einen Hoffnungsschimmer.“
Einen solchen Schimmer konnte Zafari im Gespräch mit den Soroptimisten erkennen. Zählt doch zu den erklärten Zielen der besten Schwestern, sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen einzusetzen – lokal (mit der frisch angebrachten fünften Mosbacher Menschenrechtstafel), regional (über die Verbindungen in die Metropolregion) und global (bis nach Afghanistan?).
Wie wichtig das Wirken vor Ort ist, machte der Präsident des Deutschen Landkreistags, der Brötel seit September 2024 ist, mit dem Hinweis auf eine andere in diesem Bereich angebrachte Tafel deutlich: „Wohin es führt“, erinnerte er an das Scheitern der Weimarer Verfassung, Hitlers Machtergreifung, Judenverfolgung, den von ihm entfesselten Zweiten Weltkrieg, „das ist auch an der hier dargestellten Geschichte des jüdischen Unternehmers Leopold Blum abzulesen“. Bis 1938 befand sich Blums Zigarrenfabrik auf dem Areal des Landratsamtes. Das Grundgesetz – „in seiner Selbstbeschränkung auf das Wesentliche“ – als „kluger Ordnungsrahmen und Grundlage für Frieden und wirtschaftlichen Wohlstand“ findet Brötel in seinem Hause daher mehr als angebracht. Er machte gleich noch einen Vorschlag für die nächste SI-Menschenrechtstafel: „Auch in die Neckar-Odenwald-Kliniken würde sie passen.“ Eine Idee, die von den SI-Frauen wohlwollend aufgenommen wurde.


Bildinformation: Umrahmen mit ihrer Präsenz die rahmenlose Menschenrechtstafel und stehen ein für deren Worte: Brigitte Bohrmann, Edith Eiermann, Dr. Achim Brötel, Dagmar Haas, Annette Vogel-Hrustic, Angelika Bronner-Blatz, Atefa Zafari und Martina Zundel (v. l.). Foto: Ursula Brinkmann;